Funde der Nazi-Zeit
Baumaterialien
Bei den Ausgrabungen auf dem Tempelhofer Feld wurden über 90000 Funde freigelegt und inventarisiert. Manche Funde wie Fragmente von Sanitärkeramik, Abwasserrohren, Dachpappe, Elektrobauteilen oder Tausende von Nägeln unterschiedlichster Art sind Überreste der Baracken selbst und liefern grundsätzliche Informationen über die Qualität der Bauten, in denen die Zwangsarbeiter:innen wohnten. In wenigen Fällen können über vorhandene Prägungen die Hersteller der einzelnen Bauelemente ermittelt werden. Hinzu kommen Fragmente von Stacheldraht und mit Drahtmaschen durchsetztem Fensterglas, welche ohne Zweifel vergegenwärtigen, dass die Zwangsarbeiter:innen eingesperrt waren und ihr Bewegungsraum der Kontrolle des Regimes unterlag.
Geschirr, Besteck
Gebrauchsgegenstände und Abfälle erlauben Einblicke in den Lageralltag der ausländischen Zwangsarbeiter:innen und der deutschen Belegschaft. Scherben von Porzellangeschirr sowie minderwertigeres Blechgeschirr, Besteckteile und Tierknochen (Speiseabfälle) zeigen, was in den Barackenlagern gegessen wurde und wie Nahrungsmittel konsumiert wurden. An einigen Porzellanscherben sind Kennzeichen des Amtes „Schönheit der Arbeit“ in Form eines Stempels oder einer charakteristischen Randverzierung auszumachen. Dieses Geschirr war für den Gebrauch in deutschen Betrieben vorgesehen. Bügel- und Klappdeckelverschlüsse von Getränkeflaschen aus dem Richthofenlager spiegeln die unterschiedliche Behandlung der Zwangsarbeiter:innen nach Nationalität und Geschlecht wider. Verschlüsse von Bierflaschen aus einer Baracke für französische Kriegsgefangene deuten auf Alkoholkonsum hin, während in den Unterkünften der sowjetischen Kriegsgefangenen vergleichbare Funde fehlen. Aus einer Baracke der Frauen stammen fast ausschließlich die Reste von Mineralwasserflaschen.
Persönliches, Personalisiertes, Selbstgefertigtes
Im Vergleich zu den Baumaterialien und Geschirrfragmenten ist der Anteil an Gegenständen, die dem persönlichen Besitz der Zwangsarbeiter:innen angehörten, gering. Dazu zählen Kleidungsbestandteile wie Gürtelschnallen, Knöpfe und auch Schmuck. Fragmente verschiedener Musikinstrumente geben Hinweise über Beschäftigungen innerhalb der wenigen arbeitsfreien Zeit im Lager. Spielzeugfragmente aus dem Richthofenlager und Lilienthallager weisen auf die Anwesenheit von Kindern hin. Mehrere Murmeln und Spielsteine wurden offensichtlich von den Zwangsarbeiter:innen selbst gefertigt. Das gilt auch für einen aus Acrylglas hergestellten Kamm und eine zugeschnittene Dural-Schuhsohle. Beide Materialien stammen aus der Flugzeugmontage und wurden allen Verboten zum trotz von der Produktionsstätte entwendet, um dem Mangel an zur Verfügung stehenden Mitteln im Lager entgegenzuwirken. An einzelnen Objekten sind Einritzungen zu erkennen, bei denen es sich um Initialen handelt. Ein Kamm zeigt zudem das Datum „19.6.42“.
Sonstige Funde
Tausende Funde aus den Zwangsarbeitslagern weisen Spuren von Luftangriffen der Alliierten auf. Neben Granaten- und Bombensplittern gibt es eine Vielzahl an Objekten, deren Beschaffenheit in Folge der Druckwelle und Hitzeentwicklung bei einem Bombentreffer in näherer Umgebung verändert wurde. Dazu zählen unterschiedlich stark geschmolzene Glasscherben, verkohltes Baumaterial sowie nicht identifizierbare Metallklumpen.