Nazi-Zeit: KZ Columbia

Lage des KZ Columbia (blau)

Baugeschichte und Nutzung

Mitte der 1890er Jahre wurden am Nordrand des Tempelhofer Felds beidseits des heutigen Columbiadammes Gebäude für die Preußische Armee errichtet. Das einzige heute nicht mehr bestehende Gebäude auf der Südseite sollte als KZ Columbia als ein Ort von Folter und Terror bekannt werden. Ab dem Frühjahr 1933 wurde der Backsteinbau als Gestapo-Gefängnis genutzt, ab Januar 1935 war es Teil des KZ-Systems. Bis zu seiner Schließung 1936 wurden Homosexuelle, politische Gefangene, jüdische Berliner*, Geistliche und Zeugen* Jehovas sowie sogenannte „Berufsverbrecher“ ins Konzentrationslager Columbia verschleppt. Das KZ hatte sein eigenes Gerichtsgebäude. Dennoch fuhr fast täglich ein Gefangenentransport zur Gestapo-Zentrale, um dort weitere Verhöre durchzuführen. Auf dem Transport wurden einzelne Gefangene erschossen, so etwa der KPD-Vorsitzend John Scheer.

Das KZ Columbia wurde im Herbst 1936 aufgelöst, um Platz für den Neubau des heute den Platz der Luftbrücke dominierenden Flughafengebäudes zu schaffen. Wie die Ausgrabungen verdeutlichen konnten, war der Abriss verbunden mit einer Tiefenenttrümmerung, die den Großteil der baulichen Reste aus dem Baugrund entfernte. Bei den archäologischen Ausgrabungen 2012 konnte dennoch ein Mauerrest eines Kellerzugangs geborgen werden. Auch die Fundamentstandspur mit einem den Plänen entsprechenden Vorsprung wurde entdeckt, ebenso wie einige wenige Fußbodenfliesen aus den Gefängnisfluren.

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Mauerbruchstück aus dem KZ Columbia bei Auffindung 2012
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Mauerausrissgrube/ehemalige Standspur des KZ Columbia

Bruchstück einer Fliese aus dem KZ Columbia

Gedenken und Erinnern

Das KZ Columbia war nach seinem Abriss im Stadtbild nicht mehr sichtbar. Nach dem Krieg fanden keine systematischen Ermittlungen gegen frühere Kommandantur-Angehörige oder Wachleute statt. Die in diesem KZ mitten in Berlin verübten Verbrechen spielten in der öffentlichen Erinnerung an die NS-Diktatur kaum eine Rolle. Erst seit Dezember 1994 wird mit einem Mahnmal an das KZ Columbia erinnert, das allerdings nur auf der gegenüberliegenden Straßenseite errichtet werden konnte. Nach langen Verhandlungen wurde 2020 beschlossen, den nunmehr zugänglichen Originalstandort mit einem 42 m langen Schriftzug „nicht mehr zu sehen“ zu markieren.

Mahnmal für das KZ Columbia am Columbiadamm

Archäologie gegen das Vergessen

Objekte aus historischen Kontexten haben eine besondere Aura. Sie verkörpern vergangene Lebensrealitäten und ermöglichen so einen sinnlich erfahrbaren Brückenschlag zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit. Damit werden archäologische Untersuchungen zu einer Arbeit gegen das Vergessen.

Die Verbrechen des Naziregimes haben Menschen aus ganz Europa geprägt und wirken bis heute nach. Die bewusste Auseinandersetzung mit den historischen Dimensionen und die Erinnerung an die Opfer ist von großer gesellschaftspolitischer Wichtigkeit, um zu einer demokratischen und toleranten Zukunft beizutragen. Archäologie und die Materialität der Dinge machen diese Ungerechtigkeiten sichtbar und greifbar.

Schon während der Grabungen waren das öffentliche Interesse und die Anteilnahme von Besucher_innen sehr groß. Interessierte Menschen wurden durch Führungen, Medienberichte und Vorträge über die Untersuchungen informiert. Die Auswertung des Tempelhofer Fundmaterials zielt aber nicht nur auf den historischen Erkenntnisgewinn ab. Sie wird die Relikte der Zwangsarbeit für die Vermittlungsarbeit in Gedenkstätten und Museen vielfältig zugänglich machen, etwa als „erzählende“ Objekte für Ausstellungen, „Geschichte zum Greifen“ für pädagogische Workshops mit Jugendlichen, oder als Medien für künstlerische Projekte, um die schwierige Vergangenheit des Feldes vor Ort wieder sichtbar zu machen.